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Multiple Sklerose (Studien)

Erhöhte Wirksamkeit von Interferon-beta

Im Juni 2003 wurde dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ein US-Patent auf ein mittels Hydrophobic Engineering oberflächen-modifiziertes Interferon-beta erteilt. Dieses ist durch eine gesteigerte Wasserlöslichkeit nun besser bioverfügbar und dürfte weniger Nebenwirkungen haben.

Genauere Prognose möglich?

Mit der Bestimmung der anti-MOG-Antikörper und anti-MBP-Antikörper ist es nun seit Mitte 2003 evtl. erstmals möglich, eine Prognose über die zu erwartende Schubhäufigkeit zu stellen. Damit könnte die medikamentöse Therapie auf Risikopatienten beschränkt werden und den anderen Patienten erspart bleiben.

Im NEJM (New England Journal of Medicine) wird am 10. Juli 2003 eine Arbeit der Neurologischen Universitätsklinik in Innsbruck von Thomas Berger und Mitarbeitern veröffentlicht, nach der die Bestimmung von anti-MOG-Antikörpern und anti-MBP-Antikörpern zu deutlichen Aussagen führt.

Mit beiden im Blut nachweisbaren Antikörpern hatten 21 von 22 Patienten (95 Prozent) einen neuerlichen Schub innert durchschnittlich 7.5 ± 4.4 Monaten. 35 von 42 Patienten (83 Prozent), deren Blut nur anti-MOG-Antikörper aufwies, erlitten einen weiteren Schub nach durchschnittlich 14.6 ± 9.6 Monaten.

Dagegen hatten nur 9 von 39 Patienten (23 Prozent) einen weiteren Schub - und das erst nach einer durchschnittlichen Zeitdauer von 45.1 ± 13.7 Monaten, wenn sie seronegativ waren, d. h. keinen der beiden Antikörper im Blut aufwiesen.

Diese Erkenntnis ist um so wichtiger, als bisher für die Diagnose einer Multiplen Sklerose ein zweiter Schub gefordert wurde, andererseits schon wirksame wenn auch teure Medikamente zu dessen Verhinderung oder verzögertem Auftreten vorhanden waren. Risikogruppen könnten somit jetzt erfasst und gezielt behandelt werden, falls diese Ergebnisse auch durch andere Arbeitsgruppen reproduzierbar sind.

Struktur des MOG; MS als Folge einer Chlamydien-Infektion?

Im August 2003 wird eine Arbeit des Max-Planck-Institut für Biochemie und des Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried in gemeinsamer Arbeit mit der Technische Universität München|Technischen Universität München veröffentlicht (PNAS, vol. 100, no. 16, 5. August 2003), die die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur des MOGs (myelin oligodendrocyte glycoprotein) mittels Proteinkristallografie zum Inhalt hat. Sie fanden dabei einen so genannten "FG-Loop", einen schleifenförmigen Anteil dieses Proteins, der aus acht Aminosäuren besteht und für die Bindung eines gegen MOG gerichteten spezifischen Antikörpers wichtig ist.

Weiters konnte eine übereinstimmende Struktur mit einem in Chlamydien vorhandenen Protein gefunden werden. Dies ist wiederum von besonderer Bedeutung, da eine frühere Chlamydien-Infektion schon länger als mögliche Ursache für die Entwicklung einer MS vermutet wurde.

ACISS

Im September 2003 wurde ACISS - als Abkürzung für Austrian Clinical Isolated Syndrome Study - in Wien mit dem Ziel gestartet, alle österreichischen Patienten mit einem ersten Schub einer multiplen Sklerose (MS) zu erfassen.

Da es inzwischen als bewiesen gelten kann, dass es bereits im Frühstadium einer MS zu irreversiblen Schäden des ZNS wie axonale Degeneration und Hirnatrophie kommen kann, andererseits mit den immunmodulatorischen Therapien seit Jahren effektive Medikamente zur Senkung der Schubfrequenz wie auch des Schweregrads der Schübe zur Verfügung stehen, andererseits die Frage, ob eine Therapie bereits nach dem ersten Ereignis begonnen werden soll, derzeit noch kontroversiell diskutiert wird, hoffen die Studienplaner auf die Klärung einiger Fragen.

Zielsetzung der Studie

Neben der Inzidenz der Erkrankung in Österreich soll das Verhältnis von monosymptomatischen zu polysymptomatischen Krankheitsanfängen ermittelt werden - denn eine monosymptomatische Erstpräsentation wird mit einer besseren Prognose in Verbindung gebracht. Die Läsionslast bei Erstdiagnose soll ebenso dokumentiert werden wie die Art der verabreichten Therapie, die Kriterien, die zum Beginn einer immunmodulatorischen Behandlung führen sowie der Langzeitverlauf bei dieser Formen der Therapie, einschließlich der Entwicklung neutralisierender Antikörper. Weiters wird die Bedeutung der Antimyelin-Antikörper Anti-MOG und Anti-MBP (als Auto-Antikörper) auf den Krankheitsverlauf untersucht, die Konversionsraten in eine klinische und sowie in eine durch die MRT-Untersuchungen definierte MS aufgezeichnet. Optional werden andere Laborparameter erhoben und um auf zukünftige Entwicklungen eingehen zu können die Möglichkeit geboten, Blut- und Liquorproben an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck tiefgefroren aufzubewahren.

Zusätzlich soll die Befindlichkeit der Patienten zwei Jahre nach Erstpräsentation mittels einfache Analogskala|einfacher Analogskala ermittelt, sowie der Erfolg einer frühen Therapie gegenüber einem therapeutischen Zuwarten beurteilt und kognitive Veränderungen im Verlauf der Erkrankung erfasst, neben Anti-MOG und Anti-MBP nach weiteren Voraussagefaktoren und deren Bedeutung für den Krankheitsverlauf gesucht werden, die Bedeutung des Vorhersagewerts von Anti-MOG und Anti-MBP unter Therapie ermittelt und das Auftreten von Antikörpern gegen Interferon-beta-Präparate, die als Therapie der ersten Wahl bei schubförmig verlaufender MS etabliert sind, dokumentiert werden.

Therapeutische Richtlinien

Die Entscheidung, wann mit welcher Therapie begonnen wird, liegt in der (fachlich zu verantwortenden) Entscheidungskompetenz der teilnehmenden Patienten und Ärzte.

Die Datenerfassung erfolgt anonymisiert.

Das von der Firma Biogen - dem Hersteller von Avonex (Interferon beta-1a) - unterstützte Projekt ist vorerst auf zwei Jahre angelegt, kann jedoch verlängert werden.


Die Informationen dienen der allgemeinen Weiterbildung. Sie können in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen.
Bei gesundheitlichen Beschwerden sollten Sie ärztlichen Rat einholen.

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