|
Irrenhaus
Irrenhaus oder Irrenanstalt ist eine veraltete, heute als abwertend empfundene und nur noch in der Umgangssprache gebräuchliche Bezeichnung für eine psychiatrische Klinik.
Die Einrichtung der ersten "Irrenhäuser" begann zu Beginn des 19. Jahrhundert, als der Begriff noch nicht seinen heutigen negativen Klang besaß.
Situation vor Gründung der Irrenhäuser
Jahrhundertelang waren die "Narren" und "Tollen" unter menschenunwürdigen Bedingungen im Zuchthaus, Arbeitshaus oder Tollhaus untergebracht und verwahrt worden.
In ganz Europa herrschte in der Zeit von 1650 bis 1800 eine Epoche der "Ausgrenzung der Unvernunft", also all jener, die sich den Forderungen des Zeitalters der Vernunft entzogen: Bettler, Fahrendes Vagabunden, Arbeitslose, politisch Auffällige, Dirnen, mit "Lustseuchen" Behaftete, Depressive sowie geisteskranke und Behinderung|behinderte Menschen. Sie alle wurden ohne Unterschied zusammen mit Sträflingen in einen gemeinsamen Raum gesperrt.
Wer außerhalb der Grenzen der Vernunft, der Arbeit und des Anstandes stand, wurde aus der normalen Gesellschaft verbannt.
Behandlung
Die Beaufsichtigung der "Irren" geschah durch die "Irrenschließer", die "Versorgung" durch so genannte "Zuchtmeister" und durch Strafgefangene. Geisteskranke wurden früher häufig angekettet und mit Folterwerkzeugen gequält, weil man sie so "zur Vernunft bringen" oder "von ihren Tollheiten heilen" wollte. Von "Pflege" konnte dabei gleichwohl keine Rede sein. Da Geisteskranke als unempfindlich gegenüber Hitze und Kälte, Hunger, Durst und Schmerzen galten, ließ man sie fast nackt, gab ihnen nur wenig zu essen und zu trinken und hatte kein Mitleid mit ihnen. Häufig wurden die Geisteskranken gegen ein kleines Entgelt zur Schau gestellt, wie im Londoner Irrenhaus "Bedlam" (eine Verballhornung des Wortes "Betlehem").
Gründung der ersten Irrenhäuser
Die Einrichtung von Irrenhäusern und Irrenanstalten war unter diesem Gesichtspunkt ein relativer Fortschritt - aus dem ausgegrenzten "Irren" wurde ein Kranker mit einem Rechtsanspruch auf ärztliche Hilfe.
Das erste Irrenhaus wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts von dem Arzt Philippe Pinel in Paris eingerichtet. Er nahm den Geisteskranken die Ketten ab, führte sie an die frische Luft und richtete das erste Irrenhaus der Welt ein. Des Weiteren kümmerte er sich um die Anerkennung der Psychiatrie als medizinisches Fachgebiet.
In Deutschland wurden wenig später ebenfalls Irrenhäuser und Irrenanstalten eingerichtet, zu einer Zeit, da die deutschen Psychiater noch um die Anerkennung ihres Faches als eigenständige medizinische Disziplin kämpfen mussten.
Verwendung des Begriffes in der heutigen Zeit
Heutzutage gilt der Begriff "Irrenhaus" oder "Irrenanstalt" als abwertend und diskriminierend, er wird nur noch umgangssprachlich anstelle von Psychiatrischer Klinik verwendet.
Im übertragenen Sinne steht der Begriff auch heute noch als Synonym für Chaos und Unordnung: Das ist ja ein Irrenhaus oder Hier geht es ja zu wie im Irrenhaus.
|